9 Gött*innen sind einst Zeus abtrünnig geworden. Zur Strafe tritt – bis heute – alle 7 Jahre der „Agon“ in Kraft: Die Gött*innen werden für 7 Tage sterblich und von den Nachkommen antiker Helden gejagt. Tötet ein Sterblicher während des Agons eine*n der 9 (bewusst nicht gegendert, weil es Frauen verboten ist, den tödlichen Schlag auszuführen), übernimmt er die göttlichen Kräfte und bringt seiner Familie Macht und Ansehen, wird aber im nächsten Agon selbst zur Zielscheibe.
Die 17jährige Lore, die letzte Überlebende der Familie des Perseus, versucht im heutigen New York nach dem gewaltsamen Tod ihrer Familie im letzten Agon alles hinter sich zu lassen. Doch dann entpuppt sich ihr totgeglaubter Kindheitsfreund als der neue Apollo, eine schwer verletzte Athene liegt vor ihrer Haustür und bittet sie um Hilfe und der vermeintlicher Mörder ihrer Familie ist auch noch hinter Lore her, weil nur sie die Inschrift auf dem sagenumwobenen Aigisschild lesen kann, die den ewigen Zyklus des Agon endlich beenden könnte.
– Was mir gefallen hat:
o Es ist mittlerweile auch ein Klischee, aber: Lore ist eine starke weibliche Hauptfigur mit einem herrlichen Sturkopf – und: Sie ist nicht (wie sonst so oft) die einzige starke (heranwachsende) Frau, man lernt später auch eine weitere junge Jägerin kennen, mit der sie eine komplizierte Freundschaft verbindet. Auch spricht sie respektvoll von den Kampfkünsten ihrer verstorbenen Mutter und erkennt kurz vor deren Tod die einzige „neue“ Göttin (Mörderin und dadurch Nachfolgerin von Poseidon) an, die sie vorher wie alle anderen wegen ihres Geschlechts als unwürdig betrachtet hat.
o Die Autorin hat tatsächlich nicht nur Ahnung von griechischer Mythologie, sondern benutzt auch die originalsprachlichen Begriffe und Konzepte aus den Epen und politischen Abhandlungen (kléos für Ruhm und Ehre z.B.), die sie aber auch immer allgemeinverständlich erklärt. Gleichzeitig setzen sich die Charaktere kritisch mit den ihnen als Realität vermittelten Erzählungen (z.B. die Spartaner kehren nur mit oder auf ihrem Schild heim) auseinander und hinterfragen diese – teils auch wieder im Hinblick auf Geschlecht. So wirft Lore Athene beispielsweise vor, diese hätte immer nur Männer unterstützt, obwohl sie als Göttin eine besondere Verpflichtung den Frauen gegenüber gehabt hätte und dass sie zwar Zeus‘ Kopfgeburt gewesen sei (Athenes Rechtfertigung), aber dennoch auch eine Mutter gehabt habe, die sie verleugne (und das ist tatsächlich auch ein relativ aktuelles Forschungsfeld bzw. von Interesse für die historischen Gender Studies).
o Es gibt tatsächlich mal ein schwules Nebenpairing, ohne dass dabei Homophobie zum Plotelement wird (obwohl es für eine ans antike Griechenland angelehnte Subkultur insgesamt sehr wenig Homosexualität gibt)
– Naja:
o Ich bin es langsam leid, dass eine starke weibliche Figur immer (hier nur versuchte) sexualisierte Gewalt erfahren muss. Außerdem erscheint es mir als unstimmig, dass die Jägerfamilien immer noch so plump archaisch patriarchalisch sind (Frauen dürfen keine Göttinnen werden, werden, wenn sie nicht herausragend in Kampfkünsten sind, werden sie schon als Kinder verheiratet usw.), während sie doch sonst mit der Zeit gehen, Sprengstoff und Drohnen benutzen, ihre göttlichen Kräfte für Wirtschaft und Großindustrie einsetzen usw.
o Ich habe außerdem eine Weile gebraucht, um mich mit dem Buch anzufreunden, weil die Hintergründe (Mord an Gött*innen verleiht göttliche Kraft usw.) nur Stück für Stück erklärt wird und die Anfangsszenen damit für mich schwer verständlich waren.
Anna, unsere Auszubildende
http://Lore ist eine starke weibliche Hauptfigur mit einem herrlichen Sturkopf
Ab 14 Jahre